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ResearchKit von Apple: Großer Helfer in der medizinischen Forschung oder doch nur ein weiteres unnötiges Extra?
Dienstag, 21. April 2015
Anfang dieses Monats stellte die amerikanische Firma Apple eine neue Open Source Softwareanwendung vor. Diese erlaubt es den iPhone-Nutzern medizinische und gesundheitsbezogene Daten mit Ärzten, Krankenhäusern und Forschungsinstituten auszutauschen und somit an klinischen Studien teilzunehmen. Beispielhaft können Menschen mit Asthma, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen ihre Gesundheitsdaten an Forschungsinstitute weiterleiten und somit an verschiedenen Studien teilnehmen. Aus der Sichtweise des Datenschutzes ist diese Entwicklung kritisch zu betrachten.
Die Idee zum ResearchKit entstand bereits bei der Entwicklung der HealthKits oder Wearables, die gegenwärtig insbesondere in der Fitness einen großen Zuspruch finden. Das ResearchKit setzt auf die im iPhone integrierten Sensoren und externe Geräte, die mit dem iPhone problemlos verbunden werden können und gesundheitsrelevante Daten wie beispielsweise Blutdruck, Blutzuckerspiegel oder die Nutzung von Asthmasprays messen und speichern. Durch das Einverständnis der Nutzer können diese Daten nun an verschiedene Forschungsinstitute zu Studienzwecken weitergeleitet werden. Parallel zum ResearchKit wurden auch Apps zu den weitverbreitesten Krankheitsbildern entwickelt. Die App mPower soll beispielsweise bei der Erforschung von Parkinson-Patienten behilflich sein. Durch die iPhone-Sensoren werden das Sprechen, Gehen und sogar mögliche Tremores, dem kaum sichtbaren Zusammenziehen von Muskelgruppen, beim Bedienen des Touchscreens, erfasst. Die von Standford Medicine entwickelte App MyHearts Counts ist in der Lage eine Messung der Aktivitäten und des Lebensstils eines Patienten durchzuführen, um Informationen darüber zu erhalten, wie sich diese auf sein Herz-Kreislauf-System auswirken. Des Weiteren werden in der Startphase Apps für Brustkrebs, Diabetes und Asthma-Patienten zur Verfügung gestellt.
“iOS Apps helfen bereits Millionen von Kunden beim Beobachten und Verbessern ihrer Gesundheit. Mit Hunderten Millionen von iPhones im weltweiten Einsatz sahen wir eine Möglichkeit für Apple, eine sogar noch größere Wirkung zu erzielen, in dem wir Menschen befähigen, sich an der medizinischen Forschung zu beteiligen und dazu beizutragen”, sagte Jeff Williams, Senior Vice President of Operations von Apple in einem offiziellen Statement auf der firmeneigenen Webseite. Durch die Softwareanwendung können Teilnehmer für Studien gewonnen werden, die nicht nur ausschließlich in der Nähe des Forschungsinstituts wohnen. Der iPhone-Nutzer kann selbst bestimmen, an welchen Studien er teilnehmen möchte und an welchen nicht. ResearchKit soll helfen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und damit mehr Ressourcen für die Datenanalyse bereitzustellen. Die Beschaffung von Studienteilnehmern ist ein langwieriger Prozess, der durch das ResearchKit immens beschleunigt werden kann. So wurden laut Apple bereits wenige Wochen nach Veröffentlichung 600.000 Anmeldungen durch iPhone-Nutzer verzeichnet.
Kritische Stimmen äußern sich negativ über die abweichende Demographie der iPhone-Nutzer, da diese nicht den typischen Patienten entspreche. Diese Tatsache könnte zu falschen Daten und damit zu Verzerrungen der Statistiken führen. Die Aufklärung der Studienteilnehmer durch den Wissenschaftler ist ebenfalls nicht einfach gegeben. Zwar stehen alle wichtigen Informationen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, jedoch werden diese zum einen nicht immer komplett gelesen und zum anderen können bei Ungereimtheiten keine Fragen gestellt werden.
Eine weitere große Sorge stellt die Datensicherheit dar. „Es gibt nichts Empfindlicheres als medizinische Daten. Jeder entscheidet selbst, was geteilt wird“, äußerte der Operations Senior Vice President Jeff Williams zum Datenschutz. Zwar versichert Apple damit, dass alle Daten anonymisiert gesammelt werden und dass nicht einmal Apple selbst auf diese zugreifen könne, jedoch laufen die meisten Apps mit GPS-verbundenen Funktionen, um beispielhaft Aktivitätsdaten aufzuzeichnen. Dadurch weiß die App immer, wo sich der Nutzer gerade aufhält. Zwar kann dieser Funktion widersprochen werden, jedoch würde diese Einstellung die App zu einem gewissen Grad unbrauchbar machen. Dieses Problem soll durch Sage Bionetworks, einer Non-Profit-Organisation, die die Wissenschaft und Forschung unterstützt, gelöst werden, indem sie die Daten der Nutzer anonymisieren. Problematisch scheint jedoch die Tatsache, dass die Daten vor der Ankunft bei Sage Bionetworks, noch nicht anonymisiert sind und deshalb nicht vor Datendiebstahl geschützt sind. Es ist ebenfalls unklar, ob bei den Daten, die an Forschungsinstitute fließen eine Pseudonymisierung erfolgt, denn ohne diese könnten die übermittelten Daten zusammenhanglos erscheinen. Zusätzlich kann in Frage gestellt werden, ob bei einer zunehmenden Anzahl an Apps auch die Sicherheitsstandards bei der Verschlüsselung erfüllt werden können.
Apple betont ebenfalls, dass aus dem ResearchKit kein Profit geschlagen werden soll und deshalb existiert auch kein eigenständiges Businessmodell für die Software. Es soll lediglich eine Bereicherung für das Gesundheitswesen darstellen. Was jedoch selbstverständlich erscheint, ist die Tatsache, dass Apple die Software nicht uneigennützig entwickelt hat. Noch finden sich nicht genügend Informationen über die finanziellen Hintergründe des ResearchKits, jedoch könnte vermutet werden, dass Apple die Infrastruktur für die Ermittlung gesundheitsbezogener Daten nicht unentgeltlich bereitstellt.
Trotz der negativen Stimmen, wurde das ResearchKit bis jetzt gut aufgenommen. Selbst der weltweit führende IT-Konzern IBM sieht der innovativen Idee positiv entgegen und möchte nun zukünftig mit Hilfe seiner Watson-Technologie, die bereits in einigen Kliniken genutzt wird, medizinische Daten der iPhone und Apple-Watch-Nutzer in einer Cloud sammeln, auswerten und die Ergebnisse verschiedenen Krankenhäusern oder Forschungsinstituten anbieten. „Wir wollen das analytische Gehirn hinter HealthKit und ResearchKit sein", sagte IBM-Manager John E. Kelly der New York Times.
Das ResearchKit ist zunächst im amerikanischen App Store erhältlich. Zukünftig soll das Angebot auf andere Länder ausgeweitet werden. Da das ResearchKit-Framework als Open Source veröffentlicht wird, kann leicht auf den Quelltext zugegriffen werden. Dadurch kann die Software leichter erweitert und Anpassungen flexibler durchgeführt werden. Auch Anwendungen für Geräte anderer Hersteller können somit entwickelt werden.
So bleibt es abzuwarten, wie sich die Open Source-Umgebung in Zukunft bewähren wird und ob es zu einem maßgeblichen Umbruch in der medizinischen Forschung kommt.
Autor:
Prof. Dr. Thomas Jäschke, Olga Ullrich
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Erledigt
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